1 Erhalt der AS Hohenstadt in Fahrtrichtung Stuttgart
Die zukünftige Verkehrsführung bringt für die Laichinger Alb massive Verschlechterungen in der A8-Anbindung. Bisher besteht ein Halbanschluss an die 4spurige Autobahn in Richtung Stgt bei Hohenstadt, der insbesondere von Pendlern intensiv genutzt wird. Dieser Anschluss soll nach der aktuellen Planung entfallen. Die bisherige 2spurige Autobahn-Aufstiegstrasse wird in eine 2spurige Landstraße mit Gegenverkehr gewandelt und soll zukünftig als Albaufstieg für die Laichinger Alb mit 25000 Einwohnern dienen. Das RPS sieht in dieser Lösung eine wesentliche Verbesserung der Verkehrsanbindung der Laichinger Alb. Die Begründung hierzu liefert das Verkehrsgutachten von Modus Consult, das Bestandteil des Planfeststellungsverfahrens ist.
Normalerweise erwartet man, dass der Verkehrsfluss auf einer Autobahn in Geschwindigkeit und Sicherheit einer Landstraße weit überlegen ist. Das Verkehrsgutachten kommt hier zu einem gegenteiligen Ergebnis. Modus Consult vergleicht den Prognose-Planfall 1 – Halbanschluss AS Hohenstadt mit dem Prognose-Planfall 2 – Vollanschluss AS Hohenstadt.
Im Prognose-Planfall 1 – Halbanschluss AS bekommt die alte Aufstiegstrasse (dann Landstraße) zusätzliche Ab- und Auffahrten vor dem Lämmerbuckeltunnel –heute Betriebsausfahrt- und an der Autobahnunterquerung der Kreisstraße K1433 zwischen Hohenstadt und Laichingen/Westerheim. Die Zu- und Abfahrten sollen durch Streckenverkürzungen den Verkehrsfluss so erhöhen, dass der tunnelbasierende neue A8-Aufstieg für die Autofahrer von der Laichinger Alb unattraktiv wäre. In den Querschnitts-Belastungsplänen AS Hohenstadt unterscheiden sich Halb- und Vollanschluss marginal, d.h. das Gutachten folgt der Hypothese, Autofahrer der Laichinger Alb ziehen die 1spurige Landstraße der 3spurigen Autobahn mit Standstreifen vor.
Siehe Anlage Trassenplanung Halbanschluss Quelle Erläuterungsbericht RPS
Folgende Gründe sprechen gegen diese Annahme:
1.1 Verkehrsaufkommen
Die Prognosezahlen basieren auf der Verkehrszählung 2014. Davon abgesehen, dass diese Zahlen heute überholt und längst übertroffen sein dürften, wurde die Verkehrszählung unverständlicherweise zu einem Zeitpunkt durchgeführt, an dem die Ortsdurchfahrt durch Hohenstadt bis zum Autobahnanschluss komplett ohne Umleitung gesperrt war. Laichinger Pendler sind sicher auf Merklingen ausgewichen und wurden nicht erfasst. Die Sperrung ist in dem Plan 3 von Modus Consult dokumentiert! Die Kfz-Zahlen in den Querschnittsbelastungs-Diagrammen differieren von Plan zu Plan trotz gleicher Analysebasis und sind nicht konsistent. So sollen nach Plan 33a, Prognose Halbanschluss, von Laichingen mit 11000 Einwohnern 1400 Kfz/d in Hohenstadt/ K1433 auf/abfahren, von Westerheim mit 2900 Einwohnern aber 4900 Kfz/d. Nach Plan 36, Prognose Vollanschluss, ist das Kfz-Aufkommen von Laichingen mit 1400 identisch, trotz Vollanschluss kommen aber von der neuen AS Hohenstadt gegenüber dem Halbanschluss auf die alte Aufstiegstrasse 400 Kfz weniger. Das würde bedeuten, bei Vollanschluss fahren noch weniger über die Neubaustrecke! Die Verkehrsprognose ist bzgl. AS Hohenstadt fragwürdig und nicht belastbar.
Siehe Anlage Querschnittsbelastung Quelle Erläuterungsbericht RPS
1.2 Streckenlänge und Fahrzeit
Die Antwortschreiben des MVIs auf Anfragen der Herren Landtagsabgeordneten Hagel und Rivoir bzgl. eines Vollanschlusses AS Hohenstadt verweisen, wie schon vom RPS vorgetragen, auf die kürzeren Fahrstrecken über die Landstraße und prognostizieren daraus eine kürzere Fahrzeit als über den neuen A8-Aufstieg. Diese Annahme lässt sich in Kenntnis der Vor Ort-Situation nicht nachvollziehen. Die Umwandlung der 2spurigen alten A8-Aufstiegstrasse in eine Landstraße mit Gegenverkehr wird ein Überholverbot in beide Richtungen zur Folge haben. Da die Landstraße auch als Bedarfsumleitungsstrecke für die neue Autobahn dienen soll, wird es keine Tonnagebegrenzung geben. Bei einer Länge von ca. 8,5 km und einem Höhenunterschied von ca. 270m sowie Überholverbot werden langsam fahrende Fahrzeuge oder sonstige Behinderungen durch landwirtschaftliche Fahrzeuge, Radfahrer, Fahrzeugpannen oder schlechte Witterungsverhältnisse kaum eine Durchschnittsgeschwindigkeit über 40km/h zulassen. Heute gibt es auf der 2spurigen Autobahn-Aufstiegstrasse weitestgehend keine Geschwindigkeitsbegrenzung; erfahrungsgemäß sind 80km/h für PKWs ein typischer Durchschnittswert. Die Fahrzeit im Albaufstiegsbereich wird sich also beim Halbanschluss in etwa verdoppeln. Der Vollanschluss führt zwar zu Streckenverlängerung um 2-3km , die tatsächliche Fahrzeit wird aber verkürzt.
Es ist sicher unstrittig, dass der Autofahrer die Route bevorzugen wird, die ihn am schnellsten ans Ziel bringt. Berücksichtigt man die erreichbaren Fahrgeschwindigkeiten, sind über die Landstraße für keine der betroffenen Kommunen kürzere Fahrzeiten realistisch. Der Pendler wird die Strecke bevorzugen von der er die größere Verlässlichkeit erwartet und das kann nur der neue Albaufstieg mit 3 Spuren und einem Standstreifen bieten.
1.3 Verkehrssicherheit
Unter den verschiedenen Straßenkategorien weisen Autobahnen die geringste Unfallhäufigkeit und größte Verkehrssicherheit auf. Auch bei kritischen Witterungsverhältnissen bieten mehrspurige, gegenverkehrsfreie Straßen die höchste Sicherheit. Der A8- Albaufstieg befindet sich in einer meteorologischen Staulage mit 550-780 Höhenmeter. Dies bedeutet im Sommer ein höheres Gewitterrisiko mit Starkregen und in der Winterjahreshälfte erhebliche Beeinträchtigungen durch Schnee und Eis (lt. DWD 92 Frosttage). Der weitestgehend unterirdisch geführte neue Albaufstieg bietet Schutz vor diesen Wetterunbilden und dient damit ebenfalls der Verkehrssicherheit und der Verlässlichkeit.
1.4 Ausweichverkehr über AS Merklingen
Bei einem Entfall der AS Hohenstadt wird es ein höheres Verkehrsaufkommen über die AS Merklingen geben. So wird es auch in dem Verkehrsgutachten prognostiziert (Plan 28). Unverständlicherweise wurde hier eine ampelgeregelte Kreuzung mit Linksabbieger und Geradeaus-Fahrer in allen 4 Richtungen direkt an den Autobahnzubringer angeschlossen. Das Ergebnis: regelmäßig stauen sich die Abbieger zurück und blockieren damit den örtlichen Verkehr und stauen teilweise bis in die Autobahn hinein. Wie der zukünftige Bahnhalt und das geplante Industriegebiet bei Merklingen verlässlich angedient werden kann ist nicht erkennbar. Hier scheinen weder das RP Tübingen und das RP Stgt sich abgestimmt noch eine an den regionalen Bedürfnissen angepasste Planung vorgenommen zu haben.
Siehe Anlage Luftaufnahme aus dem Kreuzungsbereich Quelle DB NBS Merklingen
1.5 Rettungsfahrzeuge
Sowohl der Steinbühltunnel der Bahn-Neubaustrecke Wendlingen-Ulm mit 2 Röhren als auch der zukünftige Drackensteintunnel des neuen Albaufstieges, ebenfalls mit 2 Röhren, müssen im Havariefall von den Hohenstadter Portalen aus angefahren werden können. Aus Richtung Stuttgart heranzuführende Rettungsfahrzeuge müssten bei einem Halbanschluss über die wesentlich langsamere Landstraße anfahren. Nur ein Vollanschluss gewährleistet eine schnellstmögliche Heranführung von Einsatzkräften und damit im gravierenden Fall Rettung von Menschenleben. Die geplanten Betriebszufahrten führen über Feldwege und lassen keinen Begegnungsverkehr zu.
1.6 Sperrung A8 Merklingen-Hohenstadt
Sollte unfall- oder wartungsbedingt eine Sperrung des A8-Autobahnabschnittes hinter Merklingen Richtung Stuttgart notwendig sein, ist mit einem Ausweichverkehr über die K7404 zu rechnen. Bei einem Halbanschluss bestünde keine Möglichkeit diesen an der AS Hohenstadt wieder einzuschleusen. Die alte Aufstiegtrasse würde talabwärts (1spurig) unnötigerweise über 8,5 km den vollen Autobahnverkehr mit bis zu 6000 Kfz /h aufnehmen müssen und zu kilometerlangen Staus führen.
1.7 Sperrung alte Aufstiegstrasse (zukünftig Landstraße)
Sollte unfallbedingt oder wegen Bauarbeiten es zu einer Sperrung des Albaufstieges über die alte Trasse kommen müssen die Autofahrer der Aichinger Alb mangels Auffahrt/Abfahrt Richtung Stgt. entweder über die heute schon überlastete AS Merklingen oder über die Landstraße L1236 durch Wiesensteig fahren.
Die A8 als europäische Ost-West Magistrale ist eine der wichtigsten und aufkommensstärksten Autobahnen in Westeuropa. Der Albaufstieg ist einer der neuralgischsten Punkte mit gravierenden Auswirkungen auf den Verkehrsfluss. Ziel muss es sein hier das Verkehrsnetz so zu gestalten, dass der Verkehrsfluss in allen Eventualitäten maximal hoch gehalten wird. Nur mit Vollanschlüssen in Tallage und direkt am Albtrauf auf der Albhochfläche können sich die Verkehrsströme situationsabhängig zwischen der Bestandstrasse und der Neubautrasse optimal verteilen.
2 Entschärfung Unfallrisiko Neuer Anschluss K1433 an alte Aufstiegstrasse
Der geplante Anschluss an die Kreisstraße K1433 mündet direkt nach der Unterführung unter der alten Aufstiegstrasse in die Gefällstrecke ein. Der Verkehr aus Laichingen kann nicht eingesehen werden und birgt ein hohes Unfallrisiko. Genau dieser Anstieg ist im Winter durch Verwehungen und Glatteis besonders unfallgefährdet. Spätestens im Ausleitungsfalle von der neuen Autobahn über die Bedarfsumleitungsstrecke werden Linksabbieger den Verkehr aufstauen und zum Erliegen bringen. Der Anschluss sollte aus der Gefällstrecke verlegt und ausreichend lange Abbiegerspuren vorgesehen werden.
Siehe Anlage Luft- und Bodenaufnahme Quelle Maier + Geoportal BW
3 Erhalt eines befestigten Radweges auf der alten Abstiegstrasse
Nach den aktuellen Planungen soll die Abstiegstrasse entsiegelt und in weiten Abschnitten zurückgebaut werden. Damit würde eine eine touristische und kraftfahrzeugfreie Nutzung unmöglich.
Durch das obere Filstal führt ein von der Region Stuttgart initiierter, ausgebauter Radweg „IndustrieKultur Filstal“. Weiterhin hat das Denkmalsamt Überlegungen zu einem autobahngeschichtlichen Lehrpfad auf der Abstiegstrasse. Dieser würde über die Abstiegstrasse von Gosbach nach Hohenstadt führen. Der Alb-Donau-Kreis schließt in seinem Radwegekonzept das Blautal über die Gemeindestrasse Machtolsheim-Hohenstadt bis an die alte Autobahntrasse an. Mit einem Teilerhalt der Abstiegstrasse würde eine befestigte Radwegverbindung in das Filstal geschaffen.
Die Abstiegstrasse bietet die einmalige Chance einen befestigten Radweg vom Filstal auf die Albhochfläche ohne Zwischenanstiege zu schaffen. Der Bahnhof Merklingen würde auch weiter an Attraktivität für Radausflügler gewinnen (Der IRE bietet Radmitnahme an).
Siehe Anlage Luftaufnahme Quelle Schosser
4 Verzicht der Fahrbahnentsieglung auf den denkmalgeschützten Brückenbauwerken im Bereich A8 Abstiegstrasse Drackensteiner Hang
Eine Entsieglung birgt ein hohes Risiko der Erosion an den Brückenbauwerken durch Wasser und Frost. Die schützende Fahrbahndeckschicht sollte erhalten bleiben. Siehe Anlage historische Bilder
Die aktuelle Planung des neuen Albaufstiegs führt zu einer massiven Benachteiligung des ländlichen Raumes der Laichinger Alb. Die Planung basiert auf fehlerbehafteten Verkehrs-Aufkommensanalysen, lässt topografische und meteorologische Verhältnisse außer Acht. Die Verkehrsanbindung der Laichinger Alb wird verschlechtert und die wirtschaftliche und touristische Regionalentwicklung behindert. Marginale Kosteneinsparungen durch den Verzicht auf einen Vollanschluss haben dauerhafte Mehrkosten für die Bürger der Laichinger Alb durch längere Fahrzeiten und unnötige Verkehrsbelastungen zur Folge. Die Region fordert die Korrektur der Planung und den Bau eines Vollanschlusses.
Gerhard Maier, Laichingen